Der „Megapixel-Irrtum“ bei Videosicherheitssystemen

Bedeuten mehr Megapixel ein besseres Bild?
Auch eine Videokamera ist essentiell eine Fotokamera. Nur dass sie eben mehrere Aufnahmen pro Sekunde (Frames per Second) erstellt, die dann das Bewegtbild ergeben. Und wenn es um die Bildqualität geht, dann ist eben ein Video, das aus Fotos mit einer hohen Megapixelzahl besteht, von „hoher Qualität“. Soweit die Annahme. Allerdings ist die Anzahl der Megapixel nur ein Faktor. Es gibt viele andere Faktoren, die die Qualität direkt bestimmen, wie z. B. der Sensor der Kamera, das Objektiv, der Aufbau des Objektivs, die Bitrate, das Umgebungslicht und die Wetterbedingungen.

Was wirklich zählt – oder: Pixeldichte statt Megapixel
Welchen Vorteil hat ein hoher Megapixel-Wert, wenn alle anderen Faktoren außer den Megapixeln konstant sind?

Ein hoher Megapixel-Wert kann natürlich die als „Verpixelung“ wahrgenommene Verschlechterung der Bildqualität teilweise verhindern, wenn man digital in ein Bild hineinzoomen möchte. Aber irgendwann ist immer der Punkt erreicht, an dem sich eine Verschlechterung der Bildqualität nicht mehr vermeiden lässt, je weiter man in den Objektraum hineinzoomt.

Bei der Planung sollte man sich daher nicht auf die Anzahl der Megapixel des Produkts konzentrieren, sondern auf die Pixeldichte, die es bei bestimmten Entfernungen liefern kann. Diese Dichte kann durch die Anzahl der Pixel pro Meter, ausgedrückt in ppm (Pixel pro Meter) oder px/m, bestimmt werden.

Anzahl Megapixel im Gesamtbild vs. Pixel über den gesamten Objektraum
Nicht die Anzahl der Megapixel des Gesamtbildes bestimmt die für die jeweilige Anwendung geeignete Bildqualität. Vielmehr kommt es darauf an, wie viele Pixel für die Darstellung realer Objekte im gesamten von der Kamera erfassten Objektraum mindestens zur Verfügung stehen.

Vereinfacht ausgedrückt wird die Pixeldichte durch die Anzahl der Pixel bestimmt, die in ein 1 m breites Objekt passen. Wenn Sie sich von der Kamera entfernen, nimmt die Anzahl der Pixel, die in das Objekt passen, mit der gleichen Rate ab, da das Bild des Objekts schrumpft, wenn es sich von der Kamera oder dem menschlichen Auge entfernt.

Minimale Pixeldichte: DIN EN 62676
Wieviel Pixeldichte benötige ich denn nun? Die inzwischen weltweit gültige DIN EN 62676 enthält Empfehlungen und Anforderungen für die Auswahl, Planung, Installation, Inbetriebnahme, Wartung und Prüfung von Videoüberwachungssystemen, bestehend aus Bilderfassungs- und Bildverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Sicherheitsanwendungen.

Seit 2015 definiert die DIN EN 62676 „Videoüberwachungsanlagen für Sicherungsanwendungen – Anwendungsregeln“ Mindestanforderungen, um Planer und Anwender bei der Definition ihrer Anforderungen zu unterstützen. Außerdem werden Tools zur objektiven Bewertung der Leistungsfähigkeit von Videoüberwachungssystemen zur Verfügung gestellt.

Die folgende Abbildung zeigt einige Beispiele, die dieser Norm entsprechen:

Die Objektklassifikation von Personen, Fahrrädern oder Fahrzeugen mittels Videoanalyse erfordert in der Regel mindestens 62,5 px/m. Bei kleineren Objekten ist eine höhere Pixeldichte erforderlich. Für das Identifizieren unbekannter Personen z. B. im Stadionbereich oder in der Stadtüberwachung werden meistens Werte zwischen mindestens 125 und eher 250 px/m gefordert.

Die Pixeldichte mit dem Kameraobjektiv erhöhen. Ist das eine Lösung?
Die meisten Sicherheitskameras sind mit Objektiven mit verstellbarer Brennweite ausgestattet. Mit einem solchen Gleitsichtobjektiv können weiter entfernte Objekte vergrößert werden, um die Pixeldichte bei größeren Entfernungen zu erhöhen. Obwohl dies von einigen Herstellern als Lösung für große Entfernungen angepriesen wird, ist zu bedenken, dass ein Objektiv, das auf große Entfernungen fokussiert ist, keine Bilder im Nahbereich aufnehmen kann und blinde Flecken erzeugt.

Ein Objektiv im Bereich von 2,8 bis 12 mm kann Bilder aus verschiedenen Winkeln und Entfernungen aufnehmen. Wenn es auf 12 mm eingestellt ist, kann es eine ausreichende Pixeldichte in der Entfernung liefern, aber wie auf dem Bild zu sehen ist, wird das Sichtfeld der Kamera erheblich eingeschränkt und es entstehen blinde Flecken.

PTZ Kamera: Vor- oder Nachteil?
Eine weitere Lösung, um den Verlust der Pixeldichte bei weit entfernten Objekten zu vermeiden, ist der optische Zoom. Kameras, die als PTZ (Pan-Tilt-Zoom) oder Spread Dome bekannt sind, können dem Benutzer mit Hilfe des optischen Zooms eine ausreichende Pixeldichte für Objekte bieten, unabhängig davon, ob sie nah oder fern sind.

Trotz dieses wichtigen Vorteils bringt die PTZ Kamera ernsthafte betriebliche Probleme mit sich. Damit eine PTZ Kamera bei einem entfernten Ereignis eine ausreichende Pixeldichte liefern kann, muss sie zum Zeitpunkt des Ereignisses von einem Betreiber auf diesen Bereich gerichtet werden. In manchen Situationen funktioniert das, in anderen ist es absurd, insbesondere wenn mehrere Ereignisse gleichzeitig auftreten. Unter dem Gesichtspunkt von Wartung und Verschleiß arbeitet eine PTZ Kamera zudem mit mehreren hochempfindlichen beweglichen Teilen. Daher ist eine PTZ Kamera immer wartungsintensiver als eine Lösung ohne bewegliche Teile.

Für die Forensik hat dies zwei große Nachteile: Das Heranzoomen bedeutet, dass der Betreiber den Vorfall bereits kennen muss – und dass alle Umstände, die zu dem Vorfall geführt haben, buchstäblich „im Dunkeln“ (oder zumindest in geringer Auflösung) liegen. Der zweite Nachteil besteht darin, dass alle Bereiche, die vom „Zoom“ nicht erfasst werden, von einer zusätzlichen Megapixel Kamera gar nicht oder nur in sehr geringer Auflösung aufgezeichnet werden. Beides ist aus forensischer Sicht nicht ausreichend.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass die PTZ Kamera nur das Bild des Bereichs aufzeichnen kann, auf den sie fokussiert ist, so dass alles, was nach dem manuellen optischen Zoom außerhalb des Fokus liegt, ein blinder Fleck ist und nicht aufgezeichnet wird. Für eine vernünftige forensische Auswertung ist es aber gerade wichtig, dass die gesamte Szene im Sichtfeld der Kamera ohne blinde Flecken aufgezeichnet wird, so dass Gesamtzusammenhänge erkennbar sind. Und natürlich ist es absurd zu erwarten, dass das Entstehen von Vorfällen oder auch die Anzahl von möglichen Parallel-Ereignissen im Vorfeld bekannt sein sollte.

Was ist also die richtige Lösung?
Wie alle anderen Technologien wird auch die Bildaufzeichnung von Tag zu Tag leistungsfähiger, und es werden immer wieder Durchbrüche erzielt, um Hindernisse in diesem Bereich zu überwinden. Die Lösung des 21. Jahrhunderts sind multifokale Produkte, mit denen viele der in diesem Beitrag genannten Probleme gelöst werden können.

Durch die Kombination von Objektiven mit unterschiedlichen Brennweiten kann eine Multifocal Sensorkamera die gewünschte Pixeldichte in jeder Entfernung innerhalb desselben Bildes erreichen. Auf diese Weise können mit dem Digitalzoom weit entfernte Objekte ohne „Verpixelung“ und ohne Einbußen beim Sichtfeld und der Reichweite der Kamera erreicht werden.


Vorteile einer Multifocal Sensorkamera
Eine Multifocalkamera bietet die bei der Projektplanung gewünschte Pixeldichte in jeder Entfernung sowie viele weitere betriebliche und infrastrukturelle Vorteile.

Intelligente Nutzung der Bildauflösung
Im Gegensatz zu einer Single-Sensorkamera, bei der sich die vorhandene Auflösung mit der zunehmenden Tiefe des Objektraums verliert, vermeidet die planbare Pixeldichte einer Multifocalkamera eine unnötig hohe Auflösung, die im Nahbereich nicht benötigt wird.
Dies ermöglicht neben einer deutlich besseren Übersicht als „Abfallprodukt“ auch noch eine sehr hohe Bildrate bei gleichzeitig im Verhältnis sehr geringer Netzwerklast.

Deutlich weniger Kameras
Da die Multifocalkamera sowohl im Nah- als auch im Fernbereich die gewünschte Pixeldichte liefert, kann mit einem einzigen Montagepunkt ein Bereich von mehreren hundert Metern abgedeckt werden.
Dies reduziert die Anzahl der Kameras und wirkt sich sehr positiv auf die Infrastruktur-, Wartungs- und Lohnkosten bei Installation und Betrieb aus.

Weniger Komplexität
Mit der sinkenden Anzahl von Kameras verringern sich auch viele infrastrukturelle Anforderungen wie Masten, Verkabelung, Feldschränke, Netzwerk-Switches, Grabungsarbeiten etc. in gleichem Maße.

Immer alles da: Hochauflösend, live und in der Aufzeichnung
Da eine Multifocalkamera über einen digitalen Zoom ohne „Verpixelung“ verfügt, kann diese Zoomfunktion auch während der Aufzeichnung genutzt werden. Das bedeutet, dass im Gegensatz zu einer PTZ Kamera mit optischem Zoom große Entfernungen nicht nur live, sondern auch im aufgezeichneten Bild untersucht werden können.

Unbegrenzte Anzahl von Benutzern – unbegrenzt viele „virtuelle PTZs“
Eine PTZ Kamera kann immer nur von einem Anwender bedient werden. Eine Multifocal Sensorkamera bietet beliebig vielen Nutzern den Zugang zu beliebig vielen „virtuellen“ PTZs.

Hohe Dynamik
Während eine Megapixelkamera mit nur einem Sensor Lichtverbesserungstechnologien auf das gesamte Bild anwenden muss, kann bei einer Multifocal Sensorkamera jeder Sensor einzeln auf die jeweilige Belichtungssituation in seinem Bereich reagieren und so ein Bild erzeugen, das optimal auf die Verhältnisse in seinem Bildbereich abgestimmt ist.

Geringere Gesamtbetriebskosten (TCO)
Auch bei den Betriebs- und Wartungskosten, die einen großen Teil der Gesamtkosten ausmachen, sind erhebliche Einsparungen möglich, da weniger Kameras und Infrastruktur benötigt werden.

Orhan Yörükoğlu
Director Sales Türkiye
Dallmeier Türkiye A.Ş.