KRITIS-Sicherheit zu Land und zu Wasser

Als Teil der kritischen Infrastruktur haben Häfen und Raffinerien einen besonders hohen Schutzbedarf: Da hier beispielsweise hochentzündliche und explosive Erdölprodukte umgeschlagen und verarbeitet werden, dürfen unbefugte Personen und Fahrzeuge unter keinen Umständen Zutritt erhalten. Häufig muss auch der Zugang von der Wasserseite gemäß ISPS-Code (International Ship and Port Facility Security) gesichert werden. Intelligente Videosicherheitslösungen können die optische Überwachung dieser sensiblen Bereiche unterstützen.

Die Gründe, unbefugten Zutritt zu Häfen und Raffinerien zu verhindern, sind vielfältig und reichen von „einfachem“ Vandalismus über die allgemeine Gefahrenabwehr bis hin zu terroristischen Anschlägen. Egal aus welchem Grund im Detail – unbefugte Personen und Fahrzeuge dürfen weder über Werkstore und Zäune (landseitig) noch über Hafenschleusen oder Uferbereiche (wasserseitig) auf das Betriebsgelände gelangen. Die Praxis zeigt darüber hinaus eine weitere besondere Herausforderung: Hafenbetreiber und Raffinerien wollen auch das Eindringen von kleinen Wasserfahrzeugen ausschließen. Zum einen zur Terrorprävention, zum anderen zur Gefahrenabwehr, denn bei Außenbordmotoren besteht die Gefahr der Entzündung von Gasen mit Explosion durch Funkenschlag z. B. durch die Zündanlage. Für die Betreiber ist es dabei besonders wichtig, die Sicherheitsanforderungen nach dem ISPS-Code zu erfüllen und eine lückenlose Dokumentation über jeden Zutritt von Personen und Fahrzeugen zu führen.

Herausforderung Wasserfahrzeuge: KI hilft gegen Lichtreflexionen
Zur Sicherung von Werkstoren und landseitigen Teilen eines Betriebsgeländes setzten Betreiber in der Vergangenheit häufig analoge Überwachungskameras ein. Die in die Jahre gekommene Technik liefert jedoch keine zeitgemäße Bildqualität mehr, um die erfassten Personen und Fahrzeuge eindeutig zu identifizieren. Zur Überwachung der Schiffsschleusen werden teilweise Kameras mit Video-Content-Analyse (VCA) eingesetzt, um unberechtigte Wasserfahrzeuge zu erkennen. Aufgrund von Wellengang und Wasserreflexionen verursachen solche Systeme jedoch sehr viele Falschalarme. Das bedeutet einen enormen Aufwand für die Sicherheitsverantwortlichen, diese hohe Anzahl von Falschalarmen manuell zu verifizieren.

Es gibt keine Standardlösung
Das Problem der vielen Fehlalarme kennt man in der Videotechnik typischerweise aus Perimetersituationen, in denen es um die Erkennung von Personen oder Fahrzeugen geht. Die besondere Herausforderung in Häfen und Raffinerien besteht jedoch darin, Objekte trotz Wellengang und Wasserreflexionen automatisch und zuverlässig zu erkennen. Dazu sind große Mengen entsprechender Videoaufnahmen notwendig, mit denen neuronale Netze auf diese Wasserfahrzeuge trainiert werden können.

So setzen Häfen und Raffinerien heute Videosicherheitslösungen ein, die mit diesen speziell trainierten neuronalen Netzen komplette Hafenschleusen überwachen und kleine Wasserfahrzeuge automatisch erkennen. Da aber jede Videoanalyse nur so gut sein kann, wie die ihr zur Verfügung stehenden Daten, kann eine solche KI-Videoanalyse nur so gut sein wie die Bilder und Videos, die sie von den Kameras erhält.

Geht das? Weitblick, Überblick und Detailansichten zugleich
In der Praxis haben sich für die Erfassung großer Flächen sogenannte Multifocal-Sensorkameras bewährt, die bis zu acht Sensoren unterschiedlicher Brennweite in einer optischen Einheit vereinen und den zu erfassenden Objektraum als hochaufgelöstes Gesamtbild darstellen. Damit ist eine flächendeckend hohe Bildqualität gewährleistet – die Grundvoraussetzung dafür, dass neuronale Netze zuverlässige Ergebnisse liefern. Ein weiterer Vorteil dieser Kameratechnik ist, dass sie je nach Anwendung bis zu 24 Megapixel-Kameras ersetzt und damit auch die Infrastrukturkosten für Komponenten wie Masten, Kabel und Netzwerk enorm reduziert. Bei der Überwachung von Schleusentoren werden häufig unterstützend Infrarotkameras mit KI eingesetzt.

Und auch auf dem restlichen Gelände können Videosysteme sinnvoll sein: 180-Grad-Kameras eignen sich hervorragend, um Einfahrten inklusive Werksstraßen zu überwachen und alle Personen und auch Fahrzeuge zu erfassen, die das Gelände betreten wollen. Man spricht hier auch von „Hostile Vehicle Mitigation“ (HVM), also der Abwehr eines terroristischen Anschlags mit Fahrzeugen. Hochauflösende Kameras ermöglichen es dem Sicherheitspersonal, beispielsweise Kfz-Kennzeichen noch aus einer Entfernung mehr als hundert Metern problemlos zu erkennen. Spezielle 360-Grad-Kameras wiederum sorgen auf Tankbrücken und Piers für einen einzigartigen, entzerrten Rundumblick auf festgemachte, an- oder ablegende Schiffe und Ähnliches. Für die Aufzeichnung des Videomaterials empfiehlt sich der Einsatz von Aufzeichnungsgeräten mit redundantem Speicher.

Schnell finden, was wichtig ist
Die Video Management Software (VMS) sollte in der Lage sein, in kürzester Zeit Ergebnisse aus den Analysedaten zu liefern. Dank intelligenter Funktionen wie der Komfortsuche können Betreiber die Ergebnisse der KI-basierten Videoanalyse schnell und komfortabel auswerten und wichtige von unwichtigen Vorgängen unterscheiden. Auch die restliche Videoüberwachung auf dem Hafen- oder Raffineriegelände wird dadurch sehr einfach.

Datenschutz wird großgeschrieben
Eine wesentliche Forderung von Betriebsräten ist häufig, dass die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jederzeit gewahrt bleiben: Ein in der Praxis bewährtes Verfahren ist beispielsweise, dass das Sicherheitspersonal immer nur die letzten 30 Minuten der Videoaufzeichnungen einsehen kann. Weiter zurückliegende Aufzeichnungen sind dann nur über ein „Vier-Augen-Login“ unter Beteiligung eines Betriebsratsmitglieds möglich. Weitere Datenschutzfunktionen wie das Verpixeln von Personen in sensiblen Pausenbereichen runden ein sinnvolles Datenschutzkonzept gemäß DSGVO ab.

Messbare Ergebnisse
Als Ergebnis können zahlreiche Häfen und Raffinerien vermelden, dass eine KI-basierte Videoanalyse mit speziell angelernten neuronalen Netzen die Falschalarme auf ein Minimum reduziert: Videosysteme erkennen unbefugte Wasserfahrzeuge mit hoher Genauigkeit, die Quote an Falschalarmen sinkt teilweise um mehr als 99 Prozent. Damit können Betreiber das Sicherheitsniveau zur Hafenseite deutlich steigern, dasselbe gilt für den Schutz zur Landseite bzw. auf dem Hafen- oder Raffineriegelände selbst. Denkbar sind jedoch auch Einsatzszenarien, um Geschäftsabläufe zu verbessern. Beispielsweise kann ein Containerterminal-Betreiber seinen Workflow optimieren, indem er automatische Benachrichtigungen erhält, wenn Wasserfahrzeuge in seine Hafenanlage einlaufen. Auch für kommerzielle Hafenbetreiber ist eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten denkbar. Die örtliche Nähe eines Errichters und ein Wartungsvertrag stellen zudem sicher, dass solche Videosysteme auch in Zukunft reibungslos funktionieren. Weitere Informationen zum Thema bietet beispielsweise der Hersteller Dallmeier in seinem kostenlosen Praxisleitfaden „Videotechnologie und Sicherheit für Kritische Infrastrukturen“. Interessierte Leserinnen und Leser können sich ab sofort ein Exemplar auf www.dallmeier.com/de/kritis-praxisleitfaden herunterladen.

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