Wirtschaftlichkeit ist gleich Leistung geteilt durch Aufwand Wer billig kauft, kauft zweimal – auch in der Videosicherheitstechnik

Der Markt für Videosicherheitstechnik befindet sich im stetigen Wandel. Heute stehen Mehrwerte über die reine Bilderfassung hinaus im Fokus der Branche. Dazu gehören etwa die auf Computer Vision basierenden Analysetechniken, mit denen Anwender sowohl Sicherheitsthemen als auch Geschäftsprozesse optimieren können. Videotechnik entwickelt sich immer mehr vom Kostenfaktor zum „Business Enabler“, also zum Wegbereiter einer erfolgreichen Geschäftstätigkeit und neuer Geschäftsfelder. Und damit geraten auch die Gesamtkosten zum Betrieb eines Systems in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Daher ist jedes Unternehmen gut beraten die „Total Cost of Ownership“ (TCO) im Blick zu behalten und sich nicht von scheinbar niedrigpreisigen Einzelkomponenten ablenken zu lassen.

„Total Cost of Ownership (TCO)” – und der Skaleneffekt „Kamera”

Egal ob im Privatleben oder im B2B-Bereich – überall gilt der Grundsatz: Nur weil ein Produkt billig ist, muss sein Einsatz nicht zwingend auch wirtschaftlich sein. Eine „Total Cost of Ownership“-Analyse hilft dabei, den Lebenszyklus einer gesamten Videosicherheitslösung mit allen verbundenen Kosten zu betrachten einschließlich der Kosten für Planung, die Errichtung und den Betrieb aller involvierten Komponenten. Viele Anwender stellen dann erstaunt fest, dass die Anzahl der benötigten Kameras nicht nur Auswirkungen auf die reinen Beschaffungskosten für die Einzelkomponenten haben, sondern eine ganze Reihe von Folgekosten nach sich ziehen.

Ein optisches Grundproblem treibt die Kosten nach oben

Jede Videosicherheitslösung ist anders. Bei der Innenraumüberwachung einer Logistikhalle beispielsweise, treten ganz andere Anforderungen auf wie etwa bei der Stadtüberwachung. Dennoch ergeben sich trotz der Fülle der Möglichkeiten immer wieder die gleichen Anforderungen: Flächen oder Strecken müssen überwacht werden, und zwar je nach Anwendung mit einer bestimmten Auflösung, die es nicht zu unterschreiten gilt. Diese Auflösungsdichte ist in der weltweit gültigen Norm DIN EN 62676-4 definiert. Beispielsweise sind 250 Pixel pro Meter (px/m) zum Identifizieren unbekannter Personen nötig; dahingegen reichen in der Regel z. B. 62,5 px/m für die Klassifizierung von Objekten, wie etwa Personen oder Fahrzeugen. PTZ-, Megapixel und auch Multi-Sensor-Kameras stehen hier vor einer Herausforderung: Megapixel- und Multi-Sensor-Kameras bieten bei Zoomvorgängen meist keine strafrechtlich verwertbare Detailauflösung in den mittleren und hinteren Bildbereichen – oder müssen in einer unwirtschaftlich hohen Anzahl montiert werden. Bei PTZ-Systemen verliert der Operator die Übersicht über die Szenerie.

„Müll rein – Müll raus“

Ähnlich gestaltet sich die Problematik bei Analyse-Anwendungen: Da Megapixel oder Multi-Sensor-Systeme in der Tiefe enorm an Auflösung verlieren, ist das Ergebnis jeder Analyse eine äußerst heterogene Datenqualität für die verschiedenen Bereiche eines Objektraums. PTZ-Systeme wiederum sind schon per Definition nicht für Analyse geeignet, da sie ja stets in Bewegung sind und immer wechselnde Teilbereiche des Objektraums erfassen. Gemäß dem Datenverarbeitungsgrundsatz „Garbage In – Garbage Out“ ist die Analyse eines Videobilds immer nur so gut wie die Qualität der Eingangsdaten. Um also eine aussagekräftige Videoanalyse durchführen zu können, ist das wesentliche Kriterium eine Mindestauflösung, die idealerweise bereits ab der Planung genau definierbar und auf die jeweilige Anwendung individuell abgestimmt ist.

Weniger Kameras bedeuten weniger Kosten

Multifocal-Sensorsysteme (MFS) adressieren erstmals das optische Dilemma der in der Tiefe oder Entfernung abnehmenden Auflösung, indem sie mehrere Sensoren mit Objektiven unterschiedlicher Brennweite kombinieren und so eine hochauflösende Aufnahme des gesamten Objektraums inklusive der hinteren Bildbereiche ermöglichen. Damit gewährleistet eine minimale Anzahl an Kamerasystemen die durchgängig benötigte Mindestauflösungsdichte auch auf großen Flächen oder weiten Strecken. Auf diese Weise schafft die MFS-Technologie die Grundlage für eine zielführende Videoüberwachung oder -beobachtung und zuverlässige Analyseergebnisse. Die 8.800 Quadratmeter der Kölner Domplatte beispielsweise werden mit gerade einmal acht Kamerasystemen in gerichtsverwertbarer Auflösung erfasst. Stadionbetreiber können bis zu 20.000 Plätze mit einem System erfassen, Flughäfen überwachen bis zu vier Kilometer Start- und Landebahn mit einem Multifocal-Sensorsystem-„Pärchen“.

Je nach Einsatzbereich ersetzt ein einziges Multifocal-Sensorsystem bis zu 24 Einzelkameras. Weniger Systeme bedeuten dabei auch weniger Infrastruktur, wie z. B. Kabel und Masten, weniger Montagezeit oder Grabungsarbeiten. Ein weiterer kostensparender Effekt ergibt sich, da für die Videobeobachtung wesentlich weniger Bildschirme benötigt werden. Wenn man von den üblichen Werten ausgeht – ein gut geschulter Operator für maximal sechs bis acht Screens auf einmal – lässt sich das Einsparpotential bei den Betriebskosten bzw. eine deutlich verbesserte Überwachungsqualität leicht erkennen. Dank der durch die Multifocal-Sensortechnologie wesentlich besseren Gesamtübersicht, kann ein Sicherheitsmitarbeiter zudem selbst größte Zusammenhänge bequem im Auge behalten. Des Weiteren hat die Zahl der Kameras neben den Infrastruktur- und Personalkosten natürlich auch Auswirkungen auf zahlreiche weitere Kostenblöcke wie etwa Support und Wartung.

Auf die richtige Software kommt es an

Doch nicht nur die Höhe der Beschaffungs- und Instandhaltungskosten der Hardware bedingen die Wirtschaftlichkeit eines Videosicherheitssystems. Auch die zugrundeliegende Software trägt ihren maßgeblichen Teil dazu bei. Hier helfen modulare Systeme und Plattformansätze, bei denen der Kunde nur diejenigen Komponenten lizenzieren muss, die er auch benötigt, die aber so offen und erweiterungsfähig sind, dass sie sich bei geänderten Anforderungen entsprechend ausbauen lassen. Lösungsmodule für spezifische Branchen optimieren den Einsatz der jeweiligen Softwareplattform. Dabei reichen die Möglichkeiten von einer verzögerungsfreien, automatischen Packstückvermessung in der Logistik über die Vermeidung von Falschalarmen am Perimeter durch KI-basierte Objektklassifizierung bis hin zu vielen weiteren Analyse-Optionen wie Personen-, Fahrzeug- und Parkplatzzählung oder der Intrusion, Line Crossing oder Loitering Detection. Gute Systeme verfügen zudem über weitere Elemente wie Karten mit „Active Objects“ oder auch Funktionen zur effektiven Verarbeitung der erfassten Daten, wie etwa ein elektronisches Vorfallsmanagement. Wichtig sind darüber hinaus Schnittstellen zu allen wichtigen Systemen für Sicherheit und Gebäudeautomation, wie etwa Zutrittskontrollen, Brand- oder Einbruchsmeldesystemen. Unabhängig von der Anwendung unterstützen modulare Videomanagementsysteme so den wirtschaftlichen Betrieb der Videosicherheitstechnik.

Datenschutz als Faktor für Wirtschaftlichkeit?

Datenschutz und Datensicherheit sind ein wesentlicher Faktor für die Wirtschaftlichkeit – nicht nur von Videosicherheitssystemen. Die Strafen für DSGVO-Verstöße sind inzwischen empfindlich, von den Kosten durch Datenverlust und Industriespionage einmal ganz abgesehen. Wie jedes andere vernetzte System sind moderne Videosicherheitsanlagen ebenfalls potentielle Einfallstore und müssen entsprechend geschützt sein. Entscheider sind deshalb gut beraten, die in der DSGVO verankerten Prinzipien „Privacy and Security by Design“ zu berücksichtigen. Nicht zuletzt kann das Herkunfts- und Produktionsland eines Herstellers hier durchaus eine Rolle spielen – egal ob es sich um versehentlich oder absichtlich konstruierte „Backdoors“, transparente Qualitätssicherung, Entwicklungs- und Fertigungstiefe oder das Vermeiden politischer Einflussnahme handelt. Vor diesem Hintergrund mag dem Label „Made in Germany“ oder zumindest „Made in Europe“ wieder eine größere Bedeutung zukommen.

Fazit: „Wer billig kauft, kauft zweimal!“

Auch wenn alternative Technologien wie etwa Multifocal-Sensorsysteme zunächst – auf das einzelne System heruntergebrochen – etwas teurer erscheinen, lassen sie sich mit häufig deutlich geringeren Infrastruktur- und Betriebskosten einsetzen und unterstützen ihre Anwender dabei, Sicherheits- und Geschäftsziele besser erreichen. Auch im Markt für Videoüberwachung lohnt es sich also, anstatt den Hersteller oder Errichter die berühmte Frage nach dem Kamerapreis zu stellen, genau nachzurechnen und vor allem nicht aus dem Auge zu verlieren, welches Ziel man denn eigentlich erreichen will. Denn auch in der Videosicherheitsbranche gilt: „Wer billig kauft, kauft zweimal!“. Oder in ökonomischer Begrifflichkeit: Das Ergebnis oder die Leistung geteilt durch den Aufwand oder den Preis ergibt die Wirtschaftlichkeit eines Systems.

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