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Öffentliche Bereiche mit Videosicherheitstechnik auszustatten ist keine alltägliche Aufgabe. Nicht wenige Verantwortliche aus Stadt, Polizei und Behörden führen ein Videoüberwachungsprojekt vielleicht nur ein- oder zweimal in ihrem Berufsleben durch. Dementsprechend stellen sich viele entscheidungsrelevante Fragen: „Welche Technologie eignet sich am besten?“, „Wie beeinflusst die Installation das Stadtbild?“, „Wie moderiere ich den Interessenausgleich zwischen Datenschutz und Sicherheitsinteressen?“, „Welche politischen Beteiligten gibt es, und wie integriere ich diese?“
Moderne Videosicherheitstechnik entwickelt sich immer mehr zu einem Allround-Instrument mit entsprechend steigender Komplexität. Verantwortungsträger sind daher gut beraten, ein Technologiekonzept zu wählen, das mit einer möglichst geringen Anzahl an Kameras pro abzudeckender Fläche auskommt. Ausschlaggebend sind nämlich nicht die Kosten pro Kamera, sondern vielmehr die Gesamtkosten zum Betrieb der Anlage. Und diese Kosten – für Infrastruktur, Kabel, Masten, Befestigungspunkte und die für die Errichtung benötigte Arbeitszeit – sind direkt von der Anzahl der benötigen Kameras abhängig. Hinzu kommen dann noch die Kosten für den laufenden Betrieb. Auch hier gibt es einen linearen Zusammenhang, etwa mit der Anzahl der Bedienplätze und den laufenden Wartungskosten. Und dass weniger Kameras sich positiv auf das Stadtbild auswirken, erklärt sich eigentlich von selbst.
Ebenso bietet es sich an, bereits vorhandene Strukturen in der Planung zu berücksichtigen, z. B. durch die aktive Einbindung vorhandener Leitungsnetze oder die Verwendung bestehender Montagepunkte. Von Vorteil ist es hierbei, möglichst frühzeitig alle „Stakeholder“ – wie etwa die Leiter der verschiedenen beteiligten Ämter und Institutionen – zu kontaktieren, über das Vorhaben zu informieren und so Synergien zu identifizieren. Das schont das Budget und vereinfacht Vorgänge und Entscheidungen durch „Partizipation und Integration“.
Bei beinahe jedem Safe City-Projekt gilt es zwischen dem Eingriff in Persönlichkeitsrechte auf der einen und der Erhöhung der individuellen Sicherheit auf der anderen Seite abzuwägen. Bei vielen Projekten wird aber immer noch der Fehler gemacht, die Datenschutzbeauftragten zu spät in die Planung einzubinden. Safe City-Projekte werden aber immer dann am schnellsten umgesetzt, wenn möglichst frühzeitig alle relevanten Interessen berücksichtigt und abgewogen werden. Fast immer verringert sich so die Projektlaufzeit, anstatt sich zu verlängern. Das gilt im Übrigen auch für die Politik und Bürgerinitiativen: In vielen Fällen ist der Hauptgrund für Skepsis oder Ablehnung schlicht mangelnde Information!
Neben der Berücksichtigung der gesetzlichen und politischen Belange sollten Entscheider auch besonders darauf achten, dass die gewählte Technologie bereits von sich aus maximalen Datenschutz gewährleistet. Hersteller sollten darauf abgeklopft werden, wie sie die in der DSGVO festgelegten Prinzipien “Security & Privacy by Design“ berücksichtigen und die neuesten heute verfügbaren Techniken (wie z. B. dauerhaft private Zonen oder ein technisch erzwingbares Vier-Augen-Prinzip) in ihrem Produktportfolio zur Verfügung stellen.
Der Betrieb stationärer Videoüberwachung bei Demonstrationen und Kundgebungen wird immer häufiger von Gerichten für unzulässig erklärt. Kameras müssen dabei meist nicht nur abgeschaltet, sondern „weithin sichtbar“ deaktiviert werden. Statt dem personal- und zeitaufwändigen Abdecken der Kameras bieten manche Hersteller inzwischen auch technische Lösungen dafür an, wie beispielsweise elektrische Jalousien, die die Objektive der Kameras abdecken und einfach per Knopfdruck in der Leitstelle aktiviert werden können.
Die Rechtsprechung legt ausdrücklich fest, dass der Einsatz eines Videosystems nur dann zulässig ist, wenn er einen spezifischen Zweck erfüllt. Dies erfordert auch und insbesondere eine gleichbleibende und vor allem genau planbare Bildqualität über den gesamten zu überwachenden Bereich. Entscheider tun gut daran, genau zu hinterfragen, inwiefern die z. B. in der DIN-EN 62676-4 definierten Werte mit der geplanten Anlage über die gesamte Fläche eingehalten werden kann. Diese sagt beispielsweise, dass meist eine Auflösungsdichte von 250 Pixel pro Meter (px/m) oder mehr nötig ist, um Täter vor Gericht zweifelsfrei identifizieren zu können. Auch soll der Hinweis nicht fehlen, dass insbesondere im öffentlichen Bereich eine gewisse Sensibilität gegenüber der Herkunft der eingesetzten Systeme hinsichtlich einer „Made in Europe“-Strategie angeraten ist – sowohl aus Datenschutzgründen aber zunehmend auch aus ethischen Überlegungen.
Hochwertige, besonders für die Stadtüberwachung geeignete Kameras schaffen es, die oben beschriebene Auflösungsdichte für 1.000 Quadratmeter oder mehr pro Kamera zu erreichen. Besonders gut geeignet sind sogenannte Multifocal-Sensorsysteme, die die Bilder von bis zu sieben Detail- und einem Übersichtssensor in einer optischen Einheit kombinieren. Die Einzelbilder werden per Software zu einem Gesamtbild zusammengefügt und können so sehr großräumige Zusammenhänge abbilden. Die Bediener können dann in diesem Übersichtsbild theoretisch unbegrenzt viele Zoombereiche öffnen und hochauflösend beliebige Details betrachten. Damit steht stets ein Lageüberblick mit der Komplettübersicht über deutlich größere Zusammenhänge zur Verfügung. Die Einsatzkräfte können deutlich schneller und effektiver reagieren und behalten – durch die vielen möglichen Einzelzooms – auch bei komplexesten Lagen mit vielen einzelnen Vorgängen den Überblick. Automatisch wird immer alles hochauflösend gespeichert, so dass stets für jedes Ereignis gerichtsverwertbare Beweismittel zur Verfügung stehen. Je nach Einsatzbereich ersetzt ein patentiertes Multifocal-Sensorsystem bis zu 24 Einzelkameras. Die 8.800 Quadratmeter der Kölner Domplatte beispielsweise werden mit gerade einmal acht Kameras an zwei Montagepunkten in gerichtsverwertbarer Auflösung erfasst, ohne dabei das Stadtbild maßgeblich zu verändern.
Ob Technik, Politik, Infrastruktur, Ethik oder Datenschutz – Videosicherheitsprojekte im öffentlichen Raum hängen von einer Vielzahl an Parametern ab. Entscheider tun gut daran, vor allem eine offene, frühzeitige Kommunikation mit allen Beteiligten zu führen und sich auch bei der Technologie-Entscheidung genauestens umzusehen und beraten zu lassen. Eine besonders herausragende Rolle spielen zudem die Themen Datenschutz und ethische Verantwortung. Für Entscheider, die Genaueres erfahren und nach gesammelten Praxistipps aus zahlreichen Projekten suchen, hat der Regensburger Hersteller Dallmeier den „Praxisleitfaden Safe City“ veröffentlicht. Neben vielen Tipps und Hintergrundinformationen finden Bürgermeister, Ordnungsamtsleiter, Kommunalpolitiker oder Polizeiverantwortliche auch einen ganz konkreten Handlungsleitfaden und einen Fragenkatalog für das eigene Projekt.
>Voranstehender Beitrag erschien zuerst in: Protector 5/2022